Heute brachen wir in Tirana auf, um unseren ersten Abstecher ins Landesinnere zu wagen. Aber erst einmal mussten wir aus Tirana raus. Na ja, Straßenschilder gibt es sehr wenige und das Navi hat auch nur noch sehr verschwommene Ideen, wo der beste Weg nach Durres ist. Aber dank Claudia und unserer Straßenkarte fanden wir endlich die richtige Ausfallstraße, die aber auch gut befahren war. Auf dem Weg warteten zwei Highlights auf uns – nennen wir sie der Einfachheit halber Kreisverkehr 1 und 2. Nummer 1 war sozusagen zur Einstimmung und Nummer 2 war, um es ein wenig zu untertreiben, jederzeit mit Dantes Inferno zu vergleichen. Verkehrsregeln gibt es nicht, jeder fährt jederzeit irgendwo und hält spontan, wo es ihm gerade passt. Am schlimmsten ist es in einem Kreisverkehr, wenn sich die Autos von 5 Seiten dreispurig – sprich 5 Autos nebeneinander – in die 3 Kreise der Hölle schieben: So ballt sich alles zusammen, bis man auf einmal, wenn man den Absprung rechtzeitig geschafft hat, auf der anderen Seite ausgespuckt wird.
Auf jeden Fall meisterten wir auch diese Klippen und waren endlich auf einer der wenigen Autobahnen Albaniens. Aber was heißt schon Autobahn. Hier trifft man alles: Radfahrer in beide Richtungen, Pferdefuhrwerke, Fußgänger, die über die Mittelabtrennung klettern und vor allem Minibusse, die alle paar Meter auf freier Strecke halten, um Passagiere ein- und aussteigen zu lassen. Also ist man schon vorbereitet, wenn vor einem ein Fahrzeug scharf bremst und rechts anhält, um Obst, Möbel oder sonstigen Hausrat einzukaufen.
Ansonsten setzt sich der Trend vom ersten Tag fort: Baustellen sind völlig unmotivierte Ansammlungen von fertiger Straße, Schotter, Schlaglöchern. Am spannendsten fand ich immer noch die Brückenbaustelle. Links tolle Straße, rechts tolle Straße – nur unter der Brücke eine riesige Schlaglochwüste.
Trotz dieser Unbillen erreichten wir Durres in erstaunlich kurzer Zeit. Durres ist seit der Antike bis heute eine wichtige Hafenstadt und hat eine Reihe von historischen Schätzen zu bieten, darunter das größte Amphitheater des Balkans, das wir erfolgreich besichtigten – allerdings nur von außen, nicht von innen, da die Öffnungszeiten zwischen Theorie und Praxis wieder sehr unterschiedlich waren. Um uns von den Strapazen zu erholen nahmen wir noch eine Erfrischung im Café um die Ecke, das von einem jungen Albaner geführt wurde, der dank Ausbildung in Venedig schon mehrere Male auf dem Oktoberfest in München war. Wie in Albanien üblich, hatten wir wieder einen sehr netten Plausch, bevor wir uns auf den Weg ins Gebirge nach Berat machten.
Also zurück auf die Straße, jetzt nur noch 2 Spuren, dafür 4-mal so viele Schlaglöcher ;-). Autofahren in Albanien verlangt einem auf Dauer doch einiges ab. Nicht nur, dass man ständig auf jegliche Art von Verkehr achten muss. Nein, man muss auch noch die beste Schlangenlinie durch den Schlaglochdschungel finden unter Einbeziehung aller vorhanden Fahrbahnen und wenn es unbedingt nötig ist auch Gehwege, Einfahrten und Hinterhöfe (und dabei den Gegenverkehr nicht aus den Augen verlieren, der genau das Gleiche treibt).
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Jetzt aber nach den 1000 Schlaglöchern endlich zu den 1000 Fenstern. Berat ist eine wunderbar erhaltene osmanische Stadt mit einer gut erhaltenen Altstadt aus dem 19. Jh. Die weißen Häuser mit ihren großen Fenster ziehen sich den Burgberg hinauf, und von der Brücke aus betrachtet siehts wirklich so aus, als öffneten sich 1000 Fenster auf das Tal ;-). Berat hat einen zauberhaften Charme, seine verwinkelten Gassen und Treppen ziehen einen in ihren Bann, so dass man stundenlang einfach nur sitzen und schauen könnte. Neben den Häusern gibt es auch noch das alte Stadtzentrum, das aus einem Han (Herberge im türkischen Stil), einer Moschee und einem Derwisch-Tempel besteht.Mein Vater, mit seinem umwerfenden Charme ausgestattet, fand auch sofort den Schlüsselwächter, der uns die Moschee aufschloss. Die beiden Herren kamen auch sofort ins Gespräch, obwohl auf der einen Seite nur Deutsch und Türkisch und auf der anderen Seite nur Albanisch vorhanden war. Aber das tat der guten Stimmung keinen Abbruch. Die Moschee entging zum Glück der Atheismus-Bewegung, und so konnten wir über die wunderschön geschnitzten Decken und Balustraden staunen. Berat ist wahrlich ein Weltkulturerbe und sollte auf jeden Fall einmal besucht werden. Die Freundlichkeit der Leute ist wie überall geradezu entwaffnend, man kommt mit vielen Leuten trotz Sprachbarrieren ins Gespräch und alle finden Deutschland toll.
So jetzt aber Abendessen, Fußball, Bier, Bett und morgen geht’s zum Raften!